Wie einkommensschwache Frauen in Honduras zum Wandel beitragen
Rund 57% der Kundinnen von Prisma Honduras geben an, dass ihr Geschäft die Haupteinnahmequelle ihres Haushalts ist. Geschäftsführerin Lourdes Valeriano erklärt, wie die MFI die Gleichstellung der Geschlechter in Mittelamerika fördert.
Oikocredit strebt eine gerechte Gesellschaft an, in der alle Menschen die Möglichkeiten haben, ein Leben in Würde zu gestalten. Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Ziels.
Über unsere Partner setzen wir uns dafür ein, dass Frauen auf der ganzen Welt Zugang zu den Ressourcen haben, die sie brauchen.
Einer unserer Partner ist seit 2016 Microfinanciera Prisma de Honduras (Prisma), eine mittelgroße Mikrofinanzinstitution (MFI) mit Hauptsitz in der Hauptstadt Tegucigalpa, die in sieben Regionen des mittelamerikanischen Landes tätig ist. Die MFI ist vor allem in ländlichen Gemeinden tätig und bietet Mikrokredite in den Bereichen Landwirtschaft, Unternehmen und Dienstleistungen sowie Solarenergie an.
Wie Oikocredit unterstützt Prisma das UN-Ziel 5 für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) zur Gleichstellung der Geschlechter. Prisma unterstützt Frauen in Honduras auf ihrem Weg in die finanzielle Unabhängigkeit, bezieht aber auch geschlechtsspezifische Ziele in ihre eigene Tätigkeit und Politik ein.
Am Internationalen Frauentag 2023 sprachen wir mit Prisma-Geschäftsführerin Lourdes Valeriano, um mehr über die Institution und die allgemeine Situation der Frauen in Honduras zu erfahren. Lourdes Valeriano wurde in Tegucigalpa geboren und hat einen Abschluss in Wirtschaft und Finanzen. Im Laufe ihrer Karriere hat sie durch ihre Arbeit in Bankgenossenschaften und im Mikrofinanzbereich umfangreiche Erfahrungen im Finanzsektor gesammelt.
Neben ihrer Arbeit bei Prisma ist Lourdes auch Präsidentin des Mikrofinanznetzwerks von Honduras (RedMicroh), Präsidentin der Gesellschaft für die Integration von Kleinstunternehmen in Zentralamerika und der Karibik (SICSA) und Mitglied des Vorstands des Mikrofinanznetzwerks für Zentralamerika und die Karibik (Redcamif).
Dieses Interview wurde aus dem Spanischen übersetzt.
Wie sieht das Umfeld für Unternehmerinnen und weibliche Führungskräfte in Honduras aus? Welche Herausforderungen müssen Frauen in Honduras bewältigen?
Es schmerzt mich zu sagen, dass Frauen in Honduras mit vielen Einschränkungen konfrontiert sind, die nicht leicht zu überwinden sind. Ich weiß, dass das vor allem daran liegt, dass wir Teil einer von Männern dominierten Gesellschaft und Kultur sind. Frauen leben in einem Kontext von Ungleichheit und Armut, und es gibt eine hohe Rate an informeller Arbeit und Gewalt. Allerdings konnten sich die Frauen durch Bildung und berufliche Entwicklung allmählich selbst ermächtigen.
Die wichtigsten Herausforderungen für Frauen in Honduras sind die Chancengleichheit, Fortschritte in der Ausbildung und beruflichen Entwicklung, die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, und die Befähigung, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen. Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, um diese Chancengleichheit in unserem Land zu gewährleisten und Frauen in Wirtschaft, Politik, Führungs- und Entscheidungspositionen einzubeziehen und zu fördern.
Was wirkt sich in Honduras positiv auf die Frauen aus?
Der positive Aspekt ist, dass die honduranischen Frauen das Potenzial und das Talent haben, sich auszuzeichnen und andere zu inspirieren, um ihre Träume von persönlicher, beruflicher und wirtschaftlicher Erfüllung zu verwirklichen. Sie müssen nun in der Lage sein, diese Talente in die Politik, die Gesellschaft und die Wirtschaft einzubringen, um die wirtschaftliche Entwicklung des Landes anzuführen und zur Gestaltung einer gerechteren und integrativeren Gesellschaft beizutragen.
Was sind derzeit die größten Hindernisse für die Gleichstellung der Geschlechter in Honduras? Welche Veränderungen sehen Sie?
Zu den größten Hindernissen für die Gleichstellung der Geschlechter in Honduras zählen die mangelnden Bedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung von Frauen, unzureichende Bildung und Entwicklung sowie das kulturelle Problem des Machismo, der Gewalt und der Unterwerfung.
Arme und sehr arme Kleinstunternehmerinnen verfügen über keinerlei Garantien und haben am wenigsten Zugang zu formalen Krediten. Daher wenden sie sich häufig an Kredithaie, bei denen ihre einzige Sicherheit ihr eigenes Leben ist. Solche illegalen Kreditgebenden haben sich in den letzten Jahren in unserem Land stark vermehrt.
Gleichzeitig werden Frauen in honduranischen Haushalten mit niedrigem Einkommen immer häufiger zu den Haupternährerinnen. Wurde das Einkommen der Frauen früher als Zusatzeinkommen betrachtet, so gibt es heute Belege dafür, dass ihr Beitrag zum Familieneinkommen größer ist als je zuvor. Laut der Internationalen Arbeitsorganisation machen Frauen 43% des informellen Sektors aus, und 57% der von uns betreuten Frauen geben an, dass ihr Geschäft die Haupteinnahmequelle ihres Haushalts ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass fast 40% der Frauen den Haushalt leiten und die Hauptverdienerinnen sind.
Wie unterstützt Prisma das SDG 5 zur Gleichstellung der Geschlechter?
Prisma de Honduras bietet Frauen Möglichkeiten und Zugang zu Finanzmitteln, um ihr wirtschaftliches Potenzial zu entwickeln und finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen. Derzeit sind 46,3% unserer Kund*innen Frauen, und sie machen 34,5% unseres Portfolios aus. Darüber hinaus hat Prisma die Gleichstellung von Frauen und Männern in seine Personalpolitik aufgenommen und Kreditprodukte entwickelt, die sich speziell an Frauen richten.
Wie unterstützt Oikocredit Prisma bei der Förderung der Geschlechtergerechtigkeit?
Oikocredit unterstützt Prisma de Honduras mit finanziellen Mitteln zur Finanzierung von Initiativen und produktiven Tätigkeiten, die von Frauen geleitet werden. Das führt zu einer wirtschaftlichen und sozialen Wirkung, die auch zur Verbesserung ihrer Lebensqualität beiträgt.
Erzählen Sie uns von Ihrer Arbeit mit Frauengemeinschaften.
Prisma de Honduras arbeitet mit einzelnen Frauen und Frauensolidaritätsgruppen in ländlichen und stadtnahen Gemeinden mit hoher Armut und begrenzter Verfügbarkeit von Finanzdienstleistungen zusammen. Unser Ziel ist es, ihnen Zugang zu Ressourcen und Betriebskapital zu verschaffen, damit sie produktive Tätigkeiten ausüben können, die eine wirtschaftliche und soziale Wirkung haben.
Am diesjährigen Internationalen Frauentag haben die Vereinten Nationen hervorgehoben, wie die digitale Technologie die Gleichstellung der Geschlechter unterstützen kann. Wie nutzt Prisma die Technologie, um die Kluft zwischen den Geschlechtern zu überwinden?
Prisma de Honduras setzt technologische Instrumente ein, um die finanzielle Inklusion von Frauen zu verbessern. Wir sehen digitale Tools als wertvolles Hilfsmittel für die Schulung von Unternehmerinnen neben traditionellen Kanälen wie spezialisierten Schulungs- und Entwicklungsorganisationen.
Die Technologie hilft uns, unsere Reichweite zu vergrößern, Finanzdienstleistungen für Gemeinschaften ohne eigene Bankkonten anzubieten und finanzielle Aus- und Weiterbildung zu vermitteln. Während die digitalen Werkzeuge uns helfen, die Transaktionskosten für unsere Kund*innen zu senken, achten wir darauf, dass der menschliche Kontakt nicht verloren geht.
Wie können Sie als weibliche Führungskraft andere Frauen unterstützen und beeinflussen?
Ich versuche, andere Frauen zu motivieren und mit gutem Beispiel voranzugehen. Mein Ziel ist es, ihnen zu vermitteln, dass es keine Grenzen gibt, was wir erreichen können, wenn wir an uns selbst glauben und unsere Denkweise ändern. Durch meine Arbeit kann ich Tausende von honduranischen Frauen dabei unterstützen, sich selbst zu befähigen, wirtschaftliche und soziale Unabhängigkeit zu erlangen, ihre Lebensqualität zu verbessern und die Ernährungssicherheit für ihre Familien zu gewährleisten.
Eine positive Botschaft, mit der Sie schließen möchten?
Ich glaube, dass Frauen wirklich befähigt sind, wenn sie sich kompetent und selbstbewusst fühlen, ihr eigenes Schicksal zu gestalten. Und, wenn sie die Autorität und Sicherheit haben, Entscheidungen zu treffen, die sie in die Lage versetzen, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entwickeln und zu stärken - zu ihrem eigenen Nutzen und zum Nutzen derer, die von ihnen abhängig sind. Wenn Frauen die Fesseln emotionaler Abhängigkeit sprengen und die sozialen und wirtschaftlichen Barrieren überwinden, die sie daran hindern, ihre Träume, Ziele und Lebensentwürfe zu verfolgen und zu verwirklichen, werden sie wirklich gestärkt und selbstbestimmt sein.
Jede*r von uns wurde einzigartig und unersetzlich geschaffen und ist der/die Protagonist*in seiner/ihrer eigenen persönlichen und beruflichen Entwicklung. Ich bin davon überzeugt, dass die Frauen diejenigen sind, die für den Wandel und die Transformation unserer Gesellschaft verantwortlich sind. Wir sind in der Lage, eine gerechtere und solidarischere Gesellschaft zu schaffen und die Barrieren zu überwinden, die uns zurückhalten, sowohl für uns selbst als auch als Mütter und Erzieherinnen der Bürger*innen von morgen. Wenn wir uns anstrengen und uns engagieren, können wir ein besseres Honduras und eine bessere Welt schaffen.
Weitere Informationen über die Gleichstellung der Geschlechter in Honduras finden Sie auf der Website von UN Women (auf Englisch).